Flyeraktion: Mord an Birgül D. – Wir fordern Untersuchung eines möglichen rassistischen Motivs!

Zwei Wochen nach dem Mord an der „türkischen“ Geschäftsführerin des „Café Vivo“ an der Innenhafen-Promenade haben wir am heutigen Sonntagnachmittag im Innenhafen mit einem Transparent, auf dem „Motiv: Rassismus? Rechte Gewalttaten niemals ausschließen!“ zu lesen war und Flugblättern gefordert, dass Polizei und Presse das mögliche Tatmotiv „Rassismus“ nicht ausschließen, sondern diesem ernsthaft und gewissenhaft nachgehen!

Der Text, des von uns verteiltem Flugblatt:

Mord an Birgül D. in Duisburg
War Rassismus das Motiv ?

Am 03.05. ist die Geschäftsführerin des „Café Vivo“ an der Duisburger Innenhafen-Promenade erschossen in ihrem Café aufgefunden worden. Der Mord weckt Erinnerungen an die Vorgehensweise der Mörder*innen des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU). Deshalb fordern wir die Polizei und Medien auf, aus ihren Versäumnissen im NSU-Komplex zu lernen und einem möglichen rassistischen Motiv des Mordes gewissenhaft nachzugehen. In einer Gesellschaft, in der es immer wieder zu rassistischen Gewalttaten kommt, in der die NSU-Gruppe jahrelang ungestört morden konnte, dürfen diese niemals ausgeschlossen werden.

Wir sind schockiert darüber, dass bei einem Mord an einer “türkischen” Gastronomie-Besitzerin Teile der Presse und auch der Polizei keine anderen Motive für den Mord einfallen, als Schutzgelderpressung und organisierte Kriminalität. Die Annahme, dass Gastronomie und andere Geschäfte, die von Migrant*innen geführt werden, automatisch mit Schulzgeld und Kriminalität verbunden sind, kann man eindeutig als rassistisch einstufen.(1) Stichhaltige Indizien gibt es dafür in unseren Augen nicht. Wir sind uns sicher, dass diese Spekulationen bei einer “deutschen” Besitzerin nicht in den Vordergrund bei der Berichterstattung der Boulevard-Presse gestanden hätten.

Wir wollen uns nicht an Spekulationen über den Hintergrund der Tat beteiligen. Die Aufklärung der Tat liegt, ob wir wollen oder nicht, eindeutig bei der Polizei.(2) Uns ist aber, genau wie der Initiative NSU-Watch, ein wichtiges Anliegen, dass Polizei und Presse das mögliche Tatmotiv „Rassismus“ nicht ausschließen, sondern diesem ernsthaft und gewissenhaft nachgehen. Seit dem Mord hält sich die Polizei, was Information zu ihren Ermittlungen betrifft, sehr bedeckt. Dies ist für uns ein klares Anzeichen dafür, dass sie keinerlei Informationen zu dem Motiv und den Täter*innen des Mordes hat. Dieser Zustand ist, neben dem Tathergang – am helligen Tag wird eine migrantische Geschäftsführerin in ihrem Laden erschossen – eine weitere Parallele zu den NSU-Morden. Dies sollten Polizei und Presse unbedingt in ihren Ermittlungen und ihrer Berichterstattung mit berücksichtigen und untersuchen.

Wir wollen weder in Panik verfallen noch eine neue NSU-Terrorzelle heraufbeschwören. Allerdings ist es kein Geheimnis, dass die Bewaffnung der rechte Szene in der gesamten Bundesrepublik in den letzten zwei Jahren zugenommen hat, rechte menschenverachtende Hetze allgegenwärtig ist und es täglich zu Gewalttaten der extremen Rechten kommt. Dies ist ein Klima, in der Neonazis sich natürlich ermutig fühlen, weitere Gewalttaten durchzuführen.
Mit der „Legion 47“ hat es in Duisburg bereits von 2012 und 2014 eine rechte Terrorzelle gegeben, bei der man scharfe Munition und Waffen gefunden hat und der man Brandanschläge nachweisen konnte.

Die Taten der „Legion 47“ wurden im Nachhinein von Polizei und Presse kleingeredet und entpolitisiert. Genau wie bei dem jetzigen Mord an Birgül D. hat man in Duisburg scheinbar nichts aus den NSU-Morden gelernt.

Deshalb fordern wir eine lückenlose Untersuchung eines möglichen rassistischen Motivs!
Rechte Gewalttaten dürfen niemals ausgeschlossen werden!

2. Der NSU-Komplex hat institutionellen Rassismus bei Polizei und Verfassungschutzbehören aufgezeigt, der uns daran Zweifel lässt, ob Gewalttaten gegen von Rassismus betroffene Personen, gleichwertig untersucht werden.