Redebeitrag: Höcke, Antisemitismus und die Schlussstrichdebatte

Erfreulich viele Menschen, 1500, haben am 29.01.17. an der Demonstration gegen den AfD-Landesparteitag in Oberhausen teilgenommen und damit ein deutliches Zeichen gesetzt. Die Demonstration der Kampagne „Nationalismus ist keine Alternative“, an der wir uns seit der Gründung beteiligen, war für uns ein gelungener Auftakt in das Wahljahr 2017.
Bei einer Zwischenkundgebung hielten wir einen Redebeitrag zu Antisemitismus im Rahmen der Schlussstrich-Debatte in Deutschland, die vor kurzem durch die Rede von Höcke, wieder öffentlich diskutiert wird.

Den Redebeitrag könnt ihr hier nachlesen:
„Wer in den letzten Tagen Fernsehen geschaut hat, eine Tageszeitung aufgeschlagen hat, oder nur in den “sozialen Netzwerken” unterwegs war, hat zwei Sachen auf jeden Fall mitbekommen: Die Amtseinführung des neuen autoritären Präsidenten der USA und die Rede eines Geschichtslehrers in einem Brauhaus in Dresden.

Der besagte Geschichtslehrer, Björn Höcke, ist aktuell Chef der Thüringischen AfD und ihr Fraktionsvorsitzender im Landtag. In seiner Rede, in der er vor allem Pegida-Anhänger*innen Honig ums Maul schmiert, sprach er vom „Denkmal für die ermordeten Juden Europas“ als „Denkmal der Schande im Herzen der Hauptstadt“ und beschwerte sich über einen Geschichtsunterricht, der „die deutsche Geschichte, mies und lächerlich“ mache. Seine weitere Rede legt nahe, dass er damit nicht das Geschwafel vom Preußentum meint.

In den darauffolgenden Tagen zeigte sich eine Nation empört: Von Politiker*innen aller Parteien war zu hören, wie entsetzt man sei. Vizekanzler Gabriel sagte: „Björn Höcke verachtet das Deutschland, auf das ich stolz bin.“ Große Tageszeitungen boten Online-Tests an, in denen man Zitate wahlweise Höcke oder Goebbels zuordnen sollte.

Dabei ist Höcke mit seinen Positionen zum Geschichtsunterricht und zur sogenannten deutschen Erinnerungskultur ganz und gar nicht alleine. Dass seine Positionen in Deutschland durchaus mehrheitsfähig sind, zeigen Umfragen der Bertelsmann-Stiftung, nach der über die Hälfte der Deutschen dafür sind einen „Schlussstrich“ unter der Vergangenheit zu ziehen.

Man braucht keinen „YOLOCAUST“ um zu zeigen, wie weit es mit dem Geschichtsbewusstsein in einem Land ist, in dem beinahe wöchentlich jüdische Friedhöfe geschändet werden und jüdische Einrichtungen rund um die Uhr geschützt werden. Und es ist deshalb nicht verwunderlich, dass die Rufe nach einem Schlussstrich in der Vergangenheit aus den verschiedensten Ecken kamen. Von Parteien wie der FDP bis zu Franz Josef Strauß , auf den sich auch Höcke beruft, sowie von sogenannten Intellektuellen wie dem preisgekrönten Schriftsteller Martin Walser oder dem langjährigen Herausgebers des Spiegels Rudolf Augstein. Es verwundert uns deshalb auch nicht, dass die Umfragewerte der AfD nach der Rede nicht sanken, sondern sogar leicht stiegen.

Ein Blick in die Vergangenheit zeigt beispielhaft, dass die AfD mit ihren Äußerungen eben nicht im luftleeren Raum agitiert. Die Rede von Höcke und die Diskussion über sie sind Ausdruck der Realität in der Bundesrepublik, in der antisemitische, menschenverachtende Aussagen Mehrheiten finden können und die sich gleichzeitig als so liberal und weltoffen wie noch nie inszenieren kann.
Der Antisemitismus eines Björn Höckes und seiner gesamtgesellschaftlichen Mitstreiter*innen ist kein plumper Antisemitismus, der die Shoah leugnet, auch wenn seine Verteidigung der Leugnerin Ursula Haverbeck nicht unerwähnt bleiben soll. Mit dem ist im Deutschland, auf das Gabriel stolz ist, nämlich nichts mehr zu holen.

Nein, sein (sekundärer) Antisemitismus redet von erzwungener Vergangenheitsbewältigung und vertauscht so auf perfide Art und Weise Täter*innen und Opfer.

Das Beispiel des Antisemitismus in Deutschland zeigt, dass es uns im Gegensatz zu den etablierten Parteien und Medien, nicht um die Verteidigung eines vermeintlich wiedergutgewordenen Deutschlands gehen kann. Täglich kommt es zu antisemitischen Beschimpfungen und Angriffen.

Wenn wir gegen die AfD auf die Straße gehen, geht es uns um mehr als nur um Wählerstimmen und Prozente. Es geht uns um einen Kampf gegen die deutschen Normalzustände als solche. Es ist der Kampf für eine befreite Gesellschaft ohne Menschenfeindlichkeit.

Deshalb:
GEGEN JEDEN ANTISEMITISMUS! NIEDER MIT DEUTSCHLAND UND FÜR DEN KOMMUNISMUS!“