Redebeitrag bei der Demonstration „We still hate Mondays“

Den nachstehenden Redebeitrag hielten wir bei der antifaschistischen Demonstration „We still hate Mondays – Gegen Pegida, Deutschland und Islamismus“ am 18.01. anlässlich dem 1.Jahrestag von Pegida in Duisburg.

„Das Jahr 2015 war geprägt durch unzählige rassistische Angriffe auf Geflüchtete und deren Unterkünfte und einen besonders offenen rassistischen Diskurs. Auch im Jahr 2016 wird sich aller Wahrscheinlichkeit nach die Situation nicht verbessern. Geistige Brandstifter*innen sind vor allem die sog. „Alternative für Deutschland“ und die Pegida-Bewegung. Sowohl die AfD, die bei aktuellen Umfragen bei knapp unter 10 Prozent liegt, als auch die Tausenden, die Woche für Woche in Dresden “spazieren” gehen, aber auch schon die mehreren hundert Menschen, die jeden Montag hier am Duisburger Hbf aufmarschieren, bringen antifaschistische und linksradikale Gruppen in Bedrängnis. „Klassische“ Antifa-Strategien funktionieren kaum noch. Zu offen artikuliert und selbstverständlich ist der Rassismus in der sog. Mitte der Gesellschaft, zu deutlich der strukturelle Rassismus, der sich in den Asylrechtsverschärfungen und der Diskussion um Grenzschließungen, Transitzonen und anderem äußert.
Jeden Montag eine größere rassistische Demonstration zu stören, zu blockieren oder zu skandalisieren, ist kaum möglich. Dafür würden Energien und Ressourcen benötigt, die aktuell nicht vorhanden sind. Viel zu gering ist die Chance auf Erfolg. Das müssen wir uns eingestehen.

Auch wenn der Vergleich zu sächsischen Verhältnissen die Situation in Duisburg sehr dramatisiert, so gibt es doch einige Parallelen: Wie beispielsweise das nicht Vorhandensein eines zivilgesellschaftlichen Gegenprotestes. Doch bei genauerer Betrachtung fällt auf, dass dies einfach nur konsequent ist. Sind es doch die Parteien SPD, CDU und die Grünen, die den Parolen von Pegida und der AfD folgen und neue Asylgesetzverschärfungen beschließen und umsetzen. In Duisburg waren es die Stadtoberen von der SPD und Co., die im Fall des sogenannten Problemhauses im Stadtteil Rheinhausen den Parolen des rassistischen Mobs nachkamen und dieses räumen ließen. Auch ist zu bedenken, dass die SPD keine Wähler*innenstimmen und der DGB keine Mitglieder verlieren möchte, in dem sie sich aktiv am Protest gegen Pegida beteiligen.
Und damit sind wir beim grundlegenden Problem, einem Problem, das sich weder durch Umfragewerte der AfD, noch durch das Zählen der Teilnehmer*innenzahlen bei Pegida in Dresden oder hier in Duisburg, messen lässt: Die Forderungen der Rassist*innen werden längst durch die Herrschende Politik umgesetzt und die Argumentation der Rassist*innen ist schon längst in der breiten deutschen Bevölkerung angekommen. Die Rassist*innen sitzen in deutschen Talkshows und können sich einer großen Unterstützung sicher sein. Im Jahr 2015 ist ein weiterer Rechtsruck durch die deutsche Gesellschaft gegangen. Natürlich gibt es nicht plötzlich mehr Rassist*innen in Deutschland, aber sie äußeren sich deutlicher, sie äußern sich öffentlicher und sie können dies ohne Angst vor Konsequenzen tun. Frühere „Tabu-Argumente“ gegen Geflüchtete, die höchstens beim Stammtisch ausgesprochen wurden, hört man nun zur besten Sendezeit.
Doch das darf für uns kein Grund sein, den Kopf in den Sand zu stecken. Wir müssen weiterhin versuchen die Rassist*innen zu attackieren, wann immer es möglich ist und uns strategisch sinnvoll erscheint. So z.B. wenn wir ihnen heute in Duisburg hoffentlich ihren Jahrestag vermiesen. Doch vor allem dürfen wir nicht nur reagieren, sondern müssen auch agieren. Die heutige Demonstration kann da nur ein Anfang sein. Wir müssen den Rassist*innen Inhalte entgegen bringen. Inhalte, die ihnen eine Welt entgegen setzen, die möglich ist. Eine Welt, in der Menschen nicht nach ihrer Verwertbarkeit beurteilt werden und ein Wirtschaftssystem, das nicht in „gute“ und „schlechte“ Geflüchtete einteilt, sondern eine Welt, in der Menschen nach ihren Bedürfnissen und Fähigkeiten gesehen werden und der Reichtum auf allen Ebenen gleich verteilt wird.
Der alte Slogan „Bildet euch, bildet andere, bildet Banden“ muss wieder gelten. Für mehr emanzipatorische und antifaschistische Theorie und Praxis in Duisburg, im Ruhrgebiet und überall.“