Vom rassistischen Duisburger Oberbürgermeister und den geheuchelten Reaktionen

Auf einer SPD-Konferenz am 15. September äußerte OB Sören Link den Wunsch, „das doppelte an Syrern“ gegen „ein paar Osteuropäer“ einzutauschen und stimmte dabei in die populäre Unterteilung in „gute“ und „schlechte“ Geflüchtete ein. Mit diesem realitätsfernen Wunsch erntete der OB bundesweit viel Kritik, sogar von Asylrechtsverschärfer Sigmar Gabriel soll er dafür kritische Blicke geerntet haben.
In Duisburg hingegen ist nicht zu erwarten, dass Statements wie dieses Sören Link schaden. Die Stadt und ihre Bewohner*innen, die sich nach außen hin immer wieder als zwar ein bisschen schäbig, aber „kumpelhaft“ und „bunt“ geben, hatten noch nie große Probleme mit den rassistischen Aussagen ihres Oberbürgermeisters. Aufmerksame Beobachter*innen der Duisburger Stadtpolitik wird dieser Ausbruch von rassistischen Ressentiments kaum verwundert haben.
Schon Anfang 2013 beteiligte sich Link an der Hetze um eine Immobilie im Stadtteil Rheinhausen-Bergheim, indem er in der Sendung „stern TV“ die antiziganistischen Bilder von „Müllberge[n] größer als ich“, Prostitution und Kindern, die missbraucht würden, um „klauen zu gehen“ übernahm. Seitdem ist die Hetze gegen Zuwander*innen aus Südosteuropa in Duisburg „Chefsache“. In einem WAZ-Interview sprach das Oberhaupt der Verwaltung ihnen eine „völlig andere Art zu leben“ zu, die das „soziale Leben auf den Kopf“ stellt. Bereits damals zeigte sich, dass Sören Link der Forderung des rassistischen Mobs auf der Straße, Zuwander*innen abzuschieben, nur zu gern nachkommen würde, so unrealistisch sie auch sein wollte. Im August 2013 drohte er gemeldeten EU-Bürger*innen per Brief mit Abschiebung. Genauso wie mit seinem zuletzt genannten Wunsch ignoriert Herr Link damit, dass EU-Bürger*innen völlig im Recht sind, wenn sie im Rahmen der Freizügigkeit ausgerechnet Duisburg zu ihrem Wohnort machen (solange sie nicht straffällig geworden sind und Arbeitslosengeld oder einer Erwerbstätigkeit nachgehen bzw. Arbeitslosengeld/Sozialhilfe beziehen).
Die Kategorisierung von Geflüchteten und Zuwander*innen in „gute“ und „schlechte“, in „Kriegs-“ und „Wirtschaftsflüchtlinge“, die auch der sogenannte „erste Bürger“ der Stadt hier vornimmt, verläuft entlang von Verwertungskriterien. Geflüchtete aus den Balkanstaaten sowie Zuwander*innen aus Osteuropa gelten als unqualifiziert und in den Arbeitsmarkt nicht integrierbar. Sie nutzen der deutschen Volksgemeinschaft scheinbar nicht. Pauschal werden einigen Personengruppen deshalb von Opfern zu Tätern erklärt. Sie werden zu Dieben, Räubern, Prostituierten, sie beschmutzen den Stadtteil. Weil sie gleichzeitig vorgeben für Geflüchtete aus den Kriegsgebieten des Nahen Ostens zu sein, können sich die Hetzer*innen vermeintlich einfach vom Vorwurf des Rassismus befreien. Und sie gehen noch weiter: Denn gerade damit keine Pogromstimmung entstünde, müsse man härter gegen all jene vorgehen, die das angeblich so lukrative Asylrecht bzw. den so milden Sozialstaat ausnutzen würden. Damit drohen sie aber auch allen anderen Menschen, die augenscheinlich nicht zur autochthonen Bevölkerung gehören. Die subtile Drohung mit dem fackelschwingendem Volksmob beherrscht auch die Duisburger Stadtpolitik mit Sören Link an ihrer Spitze. Immer wieder erwähnt er die Gefahr für „den sozialen Frieden in der Stadt“, die die Zuwanderung aus Osteuropa darstelle. Und selbst für die erstmalige Errichtung einer Zeltstadt im Jahr 2014, machte er die EU-Bürger*innen mit verantwortlich.
Für Geflüchtete aus den Balkanstaaten hat sich der Oberbürgermeister in Vergangenheit schon verschiedene Maßnahmen ausgedacht. In einem Interview forderte er z.B. spezielle Sammellager und schrieb gemeinsam mit anderen Oberbürgermeister*innen einen Brief an die Ministerpräsidentin des Landes, in dem sie für die Abschaffung der Einzelfallprüfung und für eine Trennung von Familien durch Abschiebungen plädierten. Diese Regelungen bewahrten bisher vor allem Roma vor der Abschiebung z.B. auch in den Kosovo, in dem sie Verfolgung und Diskriminierung ausgesetzt sind.
Die Duisburger SPD-Basis ist dieser Stimmungsmache seitens ihres Bürgermeisters nie entgegengetreten, da Sören Link in seiner Partei keinesfalls ein Einzelgänger am rechten Rand ist.
Was die PEGIDA-Bewegung auf Duisburgs Straßen fordert, setzt seine Partei im Bundestag mit um. Als eine weitere Verschärfung sollen Sach- statt Geldleistungen, weitere „sichere Herkunftsländer“ und schnellere Abschiebungen folgen. Mit Widerstand aus der SPD oder anderen Parteien ist nicht zu rechnen, obwohl der Gesetzentwurf vermutlich sogar einen Bruch des Grundgesetzes darstellt.
Sören Link spricht daher das aus, was viele denken und bereits in Gesetzten umgesetzt wird. Die Empörung um Sören Links Äußerungen ist daher zwar nachvollziehbar, die Kritik muss aber weitreichender formuliert werden, wenn sie nicht geheuchelt sein will. Denn es ist nicht nur Sören Link und auch nicht nur die SPD, es ist die Gesellschaftsordnung, für die sie stehen, in der Menschen, die die industrielle Reservearmee nur größer machen würden, als es dem deutschen Staat nötig erscheint, als schlichtweg unbrauchbar angesehen werden. Diese Menschen sollen wahlweise im Mittelmeer ertrinken, von islamischen Terrororganisationen abgeschlachtet werden, oder in den Elendsvierteln Südosteuropas verrotten. Der SPD ist ein Einwanderungsgesetz lieber, das nach Angebot und Nachfrage Punkte verteilt, damit noch weit vor den Toren der Festung Europas entschieden werden kann, wer lebenswert ist und wer nicht. Für die Aussicht darauf beschneiden sie weiter den letzten Rest, der in der BRD vom Menschenrecht Asyl noch geblieben ist.
So wichtig es für die unmittelbare Situation der Geflüchteten auch ist, den winzigen Spielraum, den diese Gesellschaft bietet, zu nutzen um gemeinsam mit ihnen für eine Verbesserung einzutreten und so wertvoll die Arbeit der vielen ehrenamtlichen Duisburger*innen in den letzten Wochen und Monaten auch ist, langfristig kommen diese Taten und Erklärungen an ihre Grenzen, wenn sie nicht konsequent die gesellschaftlichen Zustände benennen und diese versuchen zu verändern.