Critique & Solidarity

2019 war insgesamt ziemlich beschissen? Wir haben da was, worauf ihr euch 2020 freuen könnt: Die Veranstaltungsreihe Critique & Solidarity

 

Der Rechtsruck und die autoritäre Formierung schreiten weiter voran. Die Polizeigesetze in NRW und anderen Bundesländern wurden massiv verschärft, rassistische und damit potentiell tödliche Polizeigewalt ist die Regel und nicht die Ausnahme. Der Staat vertuscht die Aufklärung und schützt sich so vor politischen Konsequenzen, während Antifaschist*innen mit massiven Repressionen überzogen werden.
 
Antisemitische, frauenfeindliche, rassistische und sozialchauvinistische Hetze, Morddrohungen, Brandanschläge, Übergriffe und Terroranschläge nehmen zu – mit ermöglicht durch die Brandstifter*innen aller Parteien, und an erster Stelle der AfD. So sehr der Kampf gegen das Patriarchat über die vergangenen Jahre weltweit vereinzelte Errungenschaften hervorbrachte, wird der derzeitig geführte Abwehrkampf derjenigen, die sich nun um ihre Positionen gebracht fühlen, immer paranoider geführt und die Rückabwicklung dieser Erfolge durch die staatstragenden Parteien nun in viel kürzerer Zeit wahrscheinlich. 
 
Dieses Elend zeigt sich auch in den Kommunen und dabei ganz besonders in der Duisburger Stadtpolitik. Duisburgs Oberbürgermeister Sören Link ist seit Jahren zusammen mit Polizei, Ordnungsamt und Hauseigentümer*innen sichtlich um die organisierte Vertreibung von Rom*nja aus Marxloh und Hochfeld bemüht. Auch die Ausrufung von „Gefahrengebieten“ und rassistischen Polizeikontrollen ist Ausdruck dieser Ausgrenzungsmechanismen. In Duisburg, wo früher Pro NRW und NPD Wahlerfolge eingefahren haben, wird nun überdurchschnittlich oft AfD gewählt. So bleibt auch der Ausblick auf die Kommunalwahlen im September 2020 düster und eine Verschärfung antiziganistischer Verdrängungspolitik unter dem zynischen Label von „Aufwertung und Integration“ wahrscheinlich. 
Hinzu gesellt sich ein weit verbreitetes Appeasement gegenüber der Militarisierung der Gesellschaft. Es herrscht weitgehend Gleichgültigkeit gegenüber den Giftgasanschlägen durch Assad gegen die Bevölkerung in Syrien, dem Angriffskrieg des NATO-Mitglieds Türkei gegen die demokratische Selbstverwaltung Rojava, den tödlichen Konsequenzen der Abschottungspolitik der Festung Europas und nicht zuletzt gegenüber den Raketenangriffen gegen den jüdischen Staat Israel und seine Bewohner*innen. 
 
Was also ist die Alternative? Resignieren angesichts dieser beschissenen Zustände?
 
Nein. Wir stehen den gesellschaftlichen Verhältnissen unversöhnlich gegenüber. Die Radikale Linke hat immer wieder gezeigt, dass wir den Feind*innen einer befreiten Gesellschaft nicht die Straße überlassen werden und für eine Welt ohne Nationalismus, Ausbeutung und Barbarei kämpfen. Mit der Gründung von RiseUp ist die antifaschistische Linke in Duisburg um eine entschlossene Mitstreiterin im Kampf gegen Neonazis, selbsternannten Bürgerwehren und die AfD reicher geworden. Größere lokale und überregionale Vernetzungen sind erste Schritte auf dem Weg zur Re-Organisierung breiterer radikal linker Strukturen. Sich neu gründende Antifa-Gruppen, praktische Solidarität im Umgang mit Repressionen, eine Bewegung für die Organisierung von Seenotrettung im Mittelmeer, der teilweise antikapitalistisch geführte Kampf gegen den Klimawandel von Ende Gelände bis Fridays for Future,die Mobilisierung tausender Frauen und Queers beim dezentralen Streik zum Frauenkampftag aber auch die Protestbewegungen in Chile, Irak, Iran, Hongkong oder Frankreich machen Hoffnung.
 
Warum also jetzt diese Veranstaltungsreihe? Haben wir etwa nichts Besseres zu tun?
 
Auch wenn wir uns immer wieder mit dem richtigen Verhältnis von Theorie und Praxis schwer tun, so sind wir davon überzeugt, dass es nicht ausreicht, wenn wir den Faschos in unseren Stadtteilen oder in den Nachbarkäffern die Stirn bieten und angreifen. Wir sind davon überzeugt, dass wir nur mit einer radikalen materialistisch-feministischen Gesellschaftsanalyse die bestehenden ausbeuterischen Herrschaftsverhältnisse angreifen und emanzipatorische Veränderungen mit hervorbringen können. Dazu gehört eine grundlegende Kritik dieser patriarchalen, ökonomischen und rassistischen Verhältnisse und ihrer wechselseitigen Bedingtheiten, ihrer Begriffe und Institutionen, ihrer historischen Gewordenheit aber auch Veränderbarkeit. Und dabei gibt es nichts zu beschönigen: Die gesellschaftlichen Voraussetzungen faschistischer Bewegungen bestehen fort. Regressive Kapitalismuskritik betrachten wir dabei nur als die andere Seite dieser Medaille. Eine selbstbewusste und organisierte radikale Linke, die sich einer Geschichtsvergessenheit verwehrt und sich aber auch ‚von der eigenen Ohnmacht nicht dumm machen lässt‘ (frei zitiert nach Adorno), die also einen radikalen Bruch mit den Verhältnissen forciert ohne dabei autoritären Phantasmen hinterher zu jagen, ist daher notwendiger denn je. Denn wir wollen nicht weniger als radikalen Wandel und eine Aufhebung der jetzigen Zustände.
 
Wenn wir diese kapitalistisch-patriarchalen Verhältnisse aber überwinden wollen, müssen wir entlang der Kritik dieser Vergesellschaftungsformen uns unserer eigenen gesellschaftlichen Positioniertheit in unseren alltäglichen Auseinandersetzungen bewusst werden und diese als gemeinsame politische Kämpfe verstehen. Mit diesem politischen Bewusstsein lassen sich die Widersprüche gesellschaftlicher Herrschafts- und Ausbeutungsverhältnissen sichtbar und verstehbar machen und über Unterschiede hinweg als gemeinsame Klassenposition begreifen. Denn wenn eins klar ist, dann dass auf die staatlichen Institutionen kein Verlass ist. Daher können wir gegen die ausbeuterischen Zumutungen von Patriarchat und Lohnarbeit nur mit solidarischer, kollektiver, feministischer und nachhaltiger Selbstorganisierung und Selbstverwaltung Widerstand leisten und für emanzipatorische Veränderungen kämpfen. Durch diese solidarischen Praktiken können wir revolutionäre Perspektiven und Zwischenräume schaffen und verstetigen, in denen wir schon jetzt den autoritären Krisenlösungsstrategien und der Verrohung der Gesellschaft etwas entgegensetzen können. Perspektiven auf eine Gesellschaft also, in der alle Menschen ohne Angst verschieden sein können und in der ihre Bedürfnisse der Ausgangspunkt gesellschaftlicher Produktion und Reproduktion sind – für eine staaten- und klassenlose Gesellschaft und für den Kommunismus. 
 
Dafür müssen wir zusammen kommen und diskutieren, wie wir uns das befreite Leben für alle vorstellen. Wie können wir diese anderen Lebens- und Beziehungsweisen, frei von Ausbeutung, Unterdrückung und Ausschluss gestalten und was brauchen wir dafür? Was bedeutet das konkret schon heute für unsere Alltage und wie können wir verhindern, dass diese Kämpfe nicht in Vereinzelung, konkurrenzorientierter Selbstausbeutung und staatlichen Vereinnahmungen münden? Was können wir schließlich lernen aus den vergangenen, den gescheiterten und den erfolgreichen Kämpfen? Und welche Rolle kann dabei zum Beispiel ein neuer Klassenbegriff spielen? Die Veranstaltungsreihe soll diese Fragen aufgreifen und es ermöglichen, an jedem 4. Donnerstag im Monat (außer im Januar, da starten wir an einem Dienstag) unsere Kritik an den Verhältnissen zu schärfen, mit euch gemeinsam zu lernen, zu diskutieren, zu streiten und bereits für das Hier und Jetzt Perspektiven fernab von Verwertungslogik, Ausbeutung und Unterdrückung zu entwickeln. In dem ersten Teil der Veranstaltungsreihe wollen wir uns daher zunächst kritisch mit Kapitalismus als gesellschaftlichem Verhältnis aus verschiedenen Perspektiven auseinandersetzen, um dann darauf aufbauend Perspektiven zu entwickeln, wie wir aus den vergangenen Kämpfen lernen und uns das bessere Leben für alle erkämpfen können. 
Wir halten euch hier, bei facebook, twitter und insta über die anstehenden Veranstaltungen auf dem Laufenden. Kommt vorbei, es wird spannend!